Wir befinden uns in Mitten des Informationszeitalters. Die auf uns einströmenden Informationen werden täglich mehr und komplexer, so dass uns immer mehr Entscheidungen in immer kürzerer Zeit abverlangt werden. Da wir nur 24 Stunden täglich zur Verfügung haben, sind wir mehr und mehr gezwungen Vereinfachungen zu suchen, um mit allen Reizen fertig zu werden.
Aus diesem Grunde versuchen wir dabei den gedanklichen Prozess so weit wie möglich zu verkürzen, um uns die Entscheidungsfindungen zu vereinfachen. Die Psychologie hat in den vergangenen Jahren eine Reihe jener „Urteilsheuristiken“ ausfindig gemacht, die wir in unserem Alltag überwiegend unterbewusst nutzen, um Entscheidungen schneller zu treffen.
Urteilsheuristiken als “Shortcuts“
Entscheidend zu wissen, ist das jene “Shortcuts” nicht nur von Ihnen selbst zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, sondern von nahezu allen Menschen. Sind wir uns dessen erst einmal bewusst, verfügen wir über ein mächtiges Werkzeug, um diese in die von uns gewünschte Richtung zu “stupsen”.
Das sind die Methoden, die erfolgreiche Verkäufer vom Durchschnittsverkäufer unterscheiden, die die Don Juans dieser Welt von 0815-Typen, denn mit jenen acht Werkzeugen können Sie nahezu jeden Menschen in irgendeiner Weise zu einem von Ihnen gewünschten Handeln beeinflussen.
1. Reziprozitätsprinzip
Das Entscheidende an der Reziprozitätsregel ist die Verpflichtung zur Gegenleistung. Die allermeisten von uns fühlen sich nicht nur verpflichtet ein Geschenk anzunehmen, sondern darüber hinaus auch eine Gegenleistung für dieses Geschenk zu machen – selbst wenn uns diese Personen nicht sympathisch sind!
Die Ursache hierfür liegt in unserem sozialen System: Bereits von Kindesbeinen wurden wir erzogen uns unwohl zu fühlen, wenn uns jemand einen Gefallen tut. Können wir uns nicht für einen Gefallen revanchieren, reduzieren wir die Wahrscheinlichkeit, dass uns dieser Mensch noch einmal einen Gefallen tut.
Geben um später zu nehmen
Da es ein menschlicher Urinstinkt ist, in einer Gruppe zu leben, da nur so zu Urzeiten ein längeres Leben möglich war, sind wir sozusagen darauf konditioniert uns so schnell wie möglich zu revanchieren, selbst wenn dieser Gefallen größer ist, als derjenige, der uns gewährt wurde – Hauptsache ist, dass wir nicht mehr in der Schuld desjenigen stehen!
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch das Ergebnis einer unterkulturellen Studie, die in Schweden, Japan und den USA zur gleichen Erkenntnis kam: Menschen, die lediglich geben ohne dem Empfänger die Gelegenheit zur Gegenleistung bieten, stoßen auf Ablehnung!1
2. Commitment- & Konsistenzprinzip
Hierbei handelt es sich um unser Bestreben konsequent zu sein. Der Grad unserer Involviertheit mit einem Thema beeinflusst unser Verhalten und unsere Meinung diesbezüglich. Gute Manipulierer können dieses Thema gezielt für sich gut ausschlachten
. Apple beispielsweise beherrscht dieses Thema unangefochten:
Apple verkauft die teuersten Tablets, Smartphones und Computer, schafft es aber dennoch aus seinen Produkten Mainstream-Produkte zu machen. Ohne Frage sind Apple-Produkte in Ausstattung, Design und Handhabung äußerst innovativ. Aber rechtfertigt das auch den hohen Preis?
Wie Apple dieses Prinzip anwendet
Sind vielleicht die Apple-Fans sogar noch viel mehr zu Apple-Fans geworden, weil sie im Sinne des Commitment- und Konsistenzprinzips, den hohen Preis für sich selbst rechtfertigten, in dem Sie sich dadurch noch viel mehr mit den Artikeln beschäftigten.
Ganz nach dem Motto: „Weil es teuer ist, muss es etwas Besonderes sein. Aus dem Grund muss ich die Besonderheiten heraus finden, weil sich sonst der teure Artikel für mich nicht lohnt.“
Demnach wären Apple-Käufer auf Grund der hohen Preise viel mehr gewillt die Besonderheiten der Produkte herauszufinden, als es beispielsweise Käufer anderer Produkte sind und mit jeder Besonderheit, die diese entdecken, steigt deren Begeisterung für die Marke.
3. Prinzip der sozialen Bewährtheit
Gemäß dem Prinzip der sozialen Bewährtheit betrachten wir ein Verhalten in einer bestimmten Situation in dem Maß als richtig, wie wir dieses Verhalten bei anderen beobachten können. „95 Prozent der Menschen sind Nachmacher und lediglich 5 Prozent Vormacher“, so lautet die Prognose von Verkaufs- und Motivationstrainer Cavett Robert.2
Gerade Fernsehleute machen sich dieses Prinzip zu Nutze, in dem sie bei manchen Comedy-Sendungen die Lachgeräusche einspielen. Bei einem diesbezüglichen Experiment hat sich gezeigt, dass eingespielte Lacher ein Publikum dazu bringen, länger und öfter über humorvollen Gelegenheiten zu lachen.3
Herdentrieb als Motivator für das eigene Verhalten
Aus dem Grund der sozialen Bewährtheit werden beispielsweise bei vielen Kinotrailern vorher die Meinungen (sofern sie gut sind) von bestimmten Zeitungsrezensionen eingespielt. Ein anderes Beispiel sind Bewertungen im Internet, wie wir sie beispielsweise von eBay oder Amazon kennen.
Der größte Nutzen hiervon ist, dass diese andere Menschen dazu verleiten sollen, ebenfalls das entsprechende Produkt zu kaufen.
Dieses Prinzip lebt von unserem angeborenen Herdentrieb, der noch aus der Urzeit stammt. Damals bedeutete es den sicheren Tod aus der Gruppe ausgeschlossen zu sein.
Wenn einer in der Gruppe rannte, weil ein Säbelzahntiger hinter ihm her war, war das das sichere Zeichen für alle anderen sich ebenfalls schleunigst aus dem Staub zu machen.
4. Sympathieprinzip
Ein gutes Beispiel über die Wirkweise dieses Prinzips ist der Autoverkäufer Joe Girard. Dieser hatte sich nicht nur auf den Verkauf von Chevrolets spezialisiert, sondern auch auf das Sympathieprinzip – und verdiente damit mehrere hunderttausend Dollar jährlich.
Bei dem Einkommen denken Sie vielleicht, dass es sich um einen hohen Manager von General Motors handelt, doch dem ist nicht so – Girard ist ein einfacher Verkäufer! Er ist sogar so gut, dass er im Guinnessbuch der Rekorde als „weltweit erfolgreichster Autoverkäufer“ eingetragen ist – an jedem (!) Arbeitstag verkauft er durchschnittlich mehr als fünf PKW und LKW.4
Fairer Preis und Sympathie als Erfolgsgeheimnis
Stellt sich die Frage, wie er das macht! Die Antwort, die Girard hierauf gibt, ist zu einfach um wahr zu sein: Alles, was er den Leuten anbietet ist ein fairer Preis und jemanden, von dem sie gern kaufen.
Das Geheimnis, was zu tun ist, damit wir auf andere sympathisch wirken, hat die Sozialwissenschaft nach jahrzehntelanger Forschung mittlerweile entschlüsselt und nennt dafür vier Merkmale:
4.1 Äußerliche Attraktivität
Die Forschung beweist, dass wir attraktiven Menschen automatisch positive Eigenschaften wie Begabung, Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Intelligenz zu schreiben. Selbst juristische Studien belegen, dass gut aussehende Angeklagte zu signifikant leichteren Strafen verurteilt wurden.
So verurteilte man beispielsweise in einer Studie den Beklagten, wenn er besser aussah als sein Opfer zur Zahlung von durchschnittlich 5.623 Dollar Schmerzensgeld. Wenn es jedoch umgekehrt der Fall war, so dass das Opfer attraktiver war als der Beklagte, betrug die durchschnittliche Schadensersatzhöhe 10.051 Dollar.5
4.2 Ähnlichkeit
Wir mögen automatisch Menschen, die uns ähnlich sind – unabhängig davon ob die Ähnlichkeit im Bereich von Meinungsbildern, Charakermerkmalen, der Herkunft oder des Lebenswandels begründet liegt.
4.3 Komplimente
Jemandem mitzuteilen, dass uns etwas an ihm gefällt, kann ein effektives Mittel sein, ihn zu Erwiderung dieser Sympathie zu bringen und zugänglich für unser Anliegen zu machen. Dieser Punkt war der Kern von Joe Girards Erfolg: Er schickte jedem seiner Kunden jeden Monat eine Postkarte.
Während sich der Anlass der Karte wie Neujahrswünsche, Alle Gute zum Geburtstag, zum Valentinstag oder Weihnachten stets wechselte, änderte sich die Vorderseite nie. Dort stand in großen fetten Buchstaben nichts anderes als „Ich mag Sie! Ihr Joe Girard“.6
4.4 Kontakt und Kooperation
Der Grad der Vertrautheit mit Dingen oder Personen spielt eine wichtige Rolle bei sämtlichen Entscheidungen, die wir treffen. Eine Untersuchung zur Online-Werbung bestätigt diesen Ansatz:
Dabei wurden Werbebanner für eine bestimmte Kamera fünfmal, zwanzigmal oder überhaupt nicht am oberen Bildschirmrand von Personen eingeblendet. Je häufiger diese die Anzeige sahen, umso bessere Bewertungen gaben Sie hinterher der Kamera, obwohl sich die Personen gar nicht bewusst waren, die Anzeige gesehen zu haben.7
5. Autoritätsprinzip
In der Gegenwart von Autoritäten schalten wir das selbständige Denken zurück und sind gegenüber „Experten“ unvorsichtiger als gegenüber anderen Meinungen. Wir hören selbst dann noch auf Autoritäten, wo es moralisch oder rational keinen Sinn macht. Dies bewies ein weltbekanntes Experiment des Psychologen Stanley Milgram.
Bei jenem Experiment wurden Versuchspersonen dazu angehalten, einer anderen Person, die hinter einer Glasscheibe saß, immer stärkere Stromstöße zu verpassen. Erst erhielten die Personen Stromstöße mit einer Stärke von 15 Volt, dann 30 Volt, dann 45 Volt und so weiter bis letztlich zu tödlichen Stromstößen mit Stärken von 450 Volt.
Autoritätsgehorsam schaltet das selbstständige Denken aus
Auch das schmerzende Geschrei der Personen führte nicht zu einem Stop auf der anderen Seite der Glasscheibe. Wenn Milgram als Versuchsleiter sagte, dass die Versuchspersonen weitere Stromschläge verabreichen sollten, da es das Experiment verlange, machten diese aus reinem Autoritätsgehorsam weiter.
In Wirklichkeit wurde zwar keine Person verletzt, da Schauspieler auf der anderen Seite der Glasscheibe saßen, so dass überhaupt kein Strom floss. Dennoch zeigt es auf erschreckende Art und Weise zu was Menschen aus reinem Autoritätsgehorsam fähig sind.8
6. Knappheitsprinzip
Wir Menschen werden scheinbar stärker von Verlusten motiviert, als von etwas Gleichwertigen, was wir gewinnen können. Die Medizin macht sich dieses Prinzip bereits zu Nutze:
Kampagnen, die junge Frauen zur Brustkrebsvorsorge auffordern und darauf hinweisen, was die Frauen alles verlieren können, sind signifikant erfolgreicher als wenn mögliche positive Folgen in den Vordergrund gestellt werden.9
Verluste motivieren mehr als Gewinne
Ähnlich verhält es sich mit Verkaufstechniken, die auf dem Knappheitsprinzip beruhen wie beispielsweise (nur noch wenige Exemplare vorrätig..). Hier sorgt das Knappheitsprinzip dafür, dass wir diesen Dingen einen höheren Wert beimessen und wir zu einer dringlicheren Entscheidung gelangen.
Unterstützt wird dieses Prinzip durch das Prinzip der sozialen Bewährtheit, da viele von uns glauben, dass die Knappheit darin begründet liegt, da das Objekt so begehrt ist – dementsprechend hoch steigt sein Wert in unserem Ansehen.
7. Kontrastprinzip
Einige Immobilienmakler machen sich dieses Prinzip zu Nutze, in dem sie ihren Kunden zunächst einige weniger einladende Immobilien zeigen. Bei jenen Immobilien sind sich die Makler durchaus bewusst, dass diese abschreckend wirken.
Ziel dabei ist es jedoch lediglich, die Erwartungen der Kunden nach unten zu schrauben. Wenn diese dann die eigentlich viel eher passenden Objekte vom Makler gezeigt bekommen, nehmen die Kunden diese auf Grund des Vergleichs zu den vorherigen „weniger schönen“ Immobilien als noch wesentlich schöner wahr.
8. Kausalitätsprinzip
Wenn wir jemanden um einen Gefallen bitten, erhöhen wir die Chancen auf Erfolg um ein Vielfaches, sofern wir unsere Bitte begründen. In einem mittlerweile weltbekannten Experiment der Sozialpsychologin Ellen Langer wurde dies eingehend untersucht. Bei jenem Experiment bat sie Leute die vor einem Kopierer in einer Bibliothek anstanden, um einen kleinen Gefallen.
Der Bitte „Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen, weil ich es sehr eilig habe?“ wurde in 94 Prozent der Fälle entsprochen. Mit fehlender Kausalität wurde der Bitte „Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen?“ dagegen nur in 60 Prozent der Fälle entsprochen.
Das Zauberwort “Weil” als Türöffner
Was auf den ersten Blick, so aussieht, als wenn der entscheidende Grund für das Vorlassen in der Dringlichkeit lag, wurde anschließend noch einmal genauer untersucht, in dem die Probanden jene Dringlichkeit als Begründung weg ließen. Die Bitte lautete dann „Entschuldigung, ich habe fünf Seiten. Könnten Sie mich bitte vorlassen, weil ich Kopien machen muss“.
Blöder kann eine Begründung eigentlich nicht lauten, schließlich wollten alle in der Warteschlange Kopien machen. Sagenhafte 93 Prozent aller Wartenden entsprachen jener Bitte, obwohl es eigentlich keine Veranlassung dazu gab – lediglich das Wort „weil“!10
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Einzelnachweise:
1. Gergen, Ellsworth, Maslach & Seipel (1975): Obligation, donor resources, and reactions to aid in three cultures. Journal of Personality and Social Psychology, 31, 390 – 400 zitiert in Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 130ff.
2. Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 242
3. Provine, R. (200). Laughter: A scientific investigation. New York: Viking. Zitiert in Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 230
4. Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 341
5. Kulka, R. A., & Kesller, J. R. (1978). Is justice really blind? The effect of litigant physical attractiveness on judicial judgement. Journal of Applied Social Psychology, 4, 336 – 381; zitiert in Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 345
6. Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 361
7. Fang, X., Singh, S.; & Ahulwailia, R. (2007). An examination of different explanations for the mere exposure effect. Journal of Consumer Research, 34, 97 – 103; zitiert in: Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 355
8. Dobelli, Rolf: Die Kunst des klaren Denkens, Carl-Hanser-Verlag, München 2011, Seite 38
9. Meyerwitz, B. E. & & Chaiken, S. (1987). The effect of message framing on breast self-examination attitudes, intentions, and behavior. Journal of Personality and Social Psychology, 52, 500-510; zitiert in: Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 463
10. Langer, E.,Blank, A., & Chanowitz, B. (1978). The mindless of ostensiby thoughtful action: The role of “placebic” information in interpersonal interaction. Journal of Personality and Social Psychology, 36, 635 – 642; zitiert in: Cialdini, Robert: Die Kunst des Überzeugens; Verlag Hans Huber; 7. Auflage, Bern 2013, Seite 29
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