Im Jahre 1996 machte der italienische Hirnforscher Giacomo Rizzolatti eine der bedeutendsten Entdeckungen der Neurowissenschaften. Eine Entdeckung, die leider nur zu den wenigsten Menschen durchgedrungen ist, denn wenn wir uns erst einmal ihrer Tragweite bewusst werden, verspricht diese uns ungeheure Entwicklungsmöglichkeiten.

Rizzolatti maß in einem Experiment die Hirnströme von Affen, wenn Sie a) selbst eine Nuss fanden und diese verspeisten oder b) nur durch eine Glasscheibe beobachteten, wie ein anderer Affe dies tat. Das Ergebnis hatte es in sich: Rizzolatti wies in dem Experiment nach, dass in den Gehirnen der Affen die gleichen neuronalen Prozesse abliefen, unabhängig davon, ob diese die Nuss selbst fanden und verspeisten oder dies nur beobachteten.1

Was bedeutet das für uns?

Die Beobachtung einer durch einen anderen vollzogenen Tätigkeit aktivierte somit das gleiche neurobiologischen Systeme beim Beobachter, als würde er die Aktion selber ausführen. Die Nervenzellen, die hierfür verantwortlich waren, nannte Rizzolatti „Spiegelneuronen“.

Dieses Phänomen lässt sich mit Verfahren wie der funktionellen Kernspintomographie auch beim Menschen nachweisen. Diese Nervenzellen sind aktiv, wenn wir eine Aktion beobachten (ähnlich wie bei dem Experiment mit den Affen und den Nüssen) und was noch viel beeindruckender ist, auch wenn der Testperson gesagt wird, sie solle sich die betreffende Handlung vorstellen. Somit kann jede Wahrnehmung im Gehirn des Beobachters Spiegelneuronen aktivieren.2

Der menschliche Geist ist mehr intuitiv als logisch
und begreift mehr, als er koordinieren kann.“

(Luc de Clapiers (1715-1747), französischer Schriftsteller)


Die Folgen für unseren Alltag

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie manchmal gähnen müssen, wenn eine andere Person in Ihrer Nähe gähnt? Oder haben Sie schon einmal bemerkt, dass Sie auf Stimmungen Ihnen nahe stehender Personen besonders sensibel reagieren? Die Lösung liegt in den Spiegelneuronen, denn diese sorgen bei uns für eine gute Intuition und ein tieferes Empathiebefinden.

Das Besondere an den Spiegelneuronen ist dabei, dass wir unsere Aufmerksamkeit nur auf die positiven Eigenschaften anderer Menschen zu richten brauchen um uns selbst in eine glücklichere Stimmung zu bringen. Sie haben richtig gelesen: Wir brauchen lediglich anderen Menschen etwas gutes zu tun oder etwas nettes zu sagen, dass wir persönlich für schön halten, damit auch wir uns dann besser fühlen.

Das bewirken Spiegelneuronen

Auf das, was wir bei anderen loben, werden wir selbst verstärkt unsere Aufmerksamkeit richten. Genauso verhält es sich jedoch auch mit dem Gegenteil: Beobachten Sie einmal, wie Sie sich fühlen, wenn Sie jemanden kritisieren oder beleidigen. Im Normalfall werden Sie sich hinterher vielleicht befreiter fühlen, weil es schon länger an Ihnen nagte und es „aus Ihnen heraus musste“, jedoch nicht unbedingt besser, da Sie gleichzeitig auch jemand anderen verletzen.

Schlimmer noch sieht derweil die Lage bei dem Kritisierten selbst aus: Untersuchungen zeigen, dass sobald Gefühle wie Stress, Anspannung und Angst erzeugt werden, Spiegelneuronen in ein Leistungstief fallen und Menschen, die diese Kritik zu Nahe an sich heran lassen, jedwede Intuition verlieren. Gerade im Sport lässt sich dies häufig beobachten: Wenn Sportler kein Selbstvertrauen haben, treffen sie in Spielsituationen oftmals die falschen Entscheidungen, da Ihnen die Angst vor Fehlern die Intuition raubt. Demgegenüber treffen Sportler, die Spaß, Zuversicht und Selbstvertrauen ausstrahlen, meistens die richtigen Entscheidungen.

Stress, Anspannung und Angst sind daher in allen Bereichen, bei denen Lernvorgänge und Leistung eine Rolle spielen, eindeutig kontraproduktiv. Dies betrifft nicht nur die Schule oder den Arbeitsplatz sondern alle Arten von zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Folge ist, dass wir in solchen Situationen uns nicht mehr auf unsere Intuition verlassen können, da diese durch das Ausklinken der Spiegelneuronen verzerrt ist. So ist es auch zu erklären, dass viele Menschen, die unter Ängsten und Zwängen leiden, den Sinn für die Realität verlieren und oftmals in einen Wahn verfallen.

Das können wir daraus lernen

Wenn Sie Trainer, Lehrer oder Vorgesetzter sind werden Sie feststellen, dass die beste Art anderen etwas beizubringen jene ist, jegliche Form von Kritik, Stress und Anspannung zu vermeiden, damit Spiegelneuronen am effektivsten arbeiten! Denken Sie stets daran, dass sich die Mühe lohnt, denn dank der Spiegelneuronen werden auch Sie auf das, was Sie selbst von sich geben, verstärkt Ihre Aufmerksamkeit richten.

Entwickeln Sie eine gesunde Wachsamkeit dafür, welche Eindrücke und welche Nachrichten Sie an sich heranlassen. So wie viele Menschen ein Diätbewusstsein für Magen, Herz und Leber entwickeln, sollten wir auch ein Bewusstsein gegenüber unserem Gehirn entwickeln und mental mehr Feinschmecker sein anstatt jedes „Fast Food“, dass uns aus Fernsehen und Nachrichten vor die Nase gesetzt wird, in uns aufzunehmen.3 

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Einzelnachweise
1. vgl. Wikipedia: Giacomo Rizzolatti
2. vgl. Bauer, Joachim: Warum ich fühle, was du fühlst, Hamburg 2005, S. 22-24
3. vgl. ebenda, S. 34-35 und S. 153-154

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